Samstag, 14. Januar 2006
Cool, ich bin indigen!
Ja, da staunt ihr, auf die Idee bin ich beim Lesen eines vollkommen daneben geratenen Wikipedia Artikels gekommen . Na ja, eigentlich fand ich den Artikel schon deswegen dämlich, weil beim Link zu indigenen Völkern Mittelamerikas praktisch gar nichts drinsteht und mir auf Anhieb mehr Völkchen eingefallen sind ohne nachzudenken. Außerdem konnte ich mir unter den „indigenen Völkern Europas“ nicht besonders viel vorstellen. Am Besten übersetze ich für die wenigen unter euch, die das Wort nicht kennen, erstmal indigen, das klingt ja eigentlich auch schon komisch. Nach meinem Wörterbuch heißt es übersetzt eingeboren oder einheimisch. Nun ja, hab ich mir gedacht, so was wie ein Eingeborener bist du auch. Schließlich wohnen Deutsche oder Germanen (je nachdem wie man das jetzt möchte) schon ziemlich lange hier und vorher hat hier eigentlich auch nichts anderes gelebt. Also zähle ich wohl zu so was wie der Urbevölkerung. Aus Langeweile hab ich dann auch noch den Rest des Artikels gelesen. Warum auch nicht, ich hab ja Zeit. Es werden dann vier wirklich tolle Kriterien angegeben, mit denen man feststellen kann, wer denn nun indigen ist. Das tolle an dieser Definition ist nun, dass die vier Kriterien praktisch auf jeden zutreffen. Im ersten Punkt wird erwähnt, dass indigene Völker „relativ“ (das Wort passt immer, wenn man keine Ahnung hat, wovon man redet) die ersten Bewohner eines Gebietes waren. Wie ich ja oben schon mal gesagt hab, sind wir ja hier „relativ“ die ersten Bewohner. Das passt also. Übrigens gibt es auch Völkchen die „relativ“ die letzten Bewohner eines Gebietes waren und trotzdem als indigen bezeichnet werden. Wie z.B. die Azteken . Nachdem ich dann festgestellt hatte, dass der erste Punkt schon mal auf mich zutrifft, dafür aber auf ein Volk, dass ich bisher für indigen gehalten habe, nicht, und eigentlich muß ich das ja wissen, ich studiere das Zeug schließlich , fand ich den Artikel noch dämlicher. Eigentlich kann’s also mit Punkt zwei nur besser werden. Da steht jetzt etwas von Bewahrung kultureller Besonderheiten drin. Naja, wenn man solche Sachen wie Karneval, Fasching und so Zeug als kulturelle Besonderheiten nimmt, stimmt das auch. Das mit dem kulturell unterschiedlich zur dominierenden Gesellschaft ist natürlich schwieriger, wir sind ja hier schließlich die Mehrheit. Aber ich glaube, ich hab da noch einen aus Punkt eins gut. Punkt drei ist wieder genau so ungenau gehalten wie die anderen. Selbstidentifikation! Pah. Ich denke, mir stimmt hier jeder zu, daß wir uns irgendwie mit etwas identifizieren und sei es nur im Meckern über ein schlechtes Bildungssystem. Nette Fremdwörter wie „distinkt“ reißen den Punkt da auch nicht wirklich raus. Paßt auch irgendwie nicht so ganz. Das mit der Anerkennung durch „andere indigene Völker“ ist auch Blödsinn. Ich glaube die Dänen denken schon, daß wir hier hingehören. Und die Holländer sind bestimmt auch der Meinung, daß wir hier bleiben sollten. Jetzt fehlt also nur noch ein Punkt, damit ich mich durch diese Definition als indigen bezeichnen kann. Das kann ja jetzt nicht so schwer sein, den Mist so hinzubiegen, dass ich indigen bin. Da ist die Rede von Unterdrückung und Diskriminierung. Jetzt muß ich also was finden, wo ich mich unterdrückt und diskriminiert gefühlt hätte. Hm, also, als Napoleon hier war, hätte ich mich bestimmt unterdrückt gefühlt, ich bin schließlich erobert worden. Und diskriminiert worden bin ich auch, ich bin schließlich katholisch und Katholiken sind im Kaiserreich ausgegrenzt worden . Und wer jetzt kommt mit „zum Glück bin ich Protestant“, hat Pech gehabt, erstens ist das nicht unbedingt Glück und zweitens seid ihr während der Reformation auch diskriminiert worden. Der beste Teil in Punkt vier ist allerdings „wobei diese Bedingungen fortbestehen oder nicht“. Das hebelt so ziemlich alles aus, was danach kommt. Da braucht man gar nicht weiter zu lesen. Vielleicht ist ja noch das „zentrale Element“ der indigenen Bevölkerungen interessant: die Bindung an ein Territorium. Wie den Rest des Artikels finde ich das natürlich auch Mist. Jeder muß ja schließlich irgendwo leben. Und unser Territorium ist auch nicht unbedingt größer als das der Quechua oder Aymara (Peru & Bolivien). Und wir leben hier auch schon länger als die Azteken auf ihrer kleinen Insel. Der Rest des Artikels ist eigentlich auch nicht weiter interessant. Aber wie gesagt, ich mochte ihn von Anfang an nicht. Da sieht man mal mit was für Problemen ein Ethnologiestudent konfrontiert wird. Wirklich grausam, nur Probleme.

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haste ma n link? oder hab ich den überlesen

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